Wenn eine Frau in Österreich ein Kind bekommt, arbeitet sie ein Jahr danach 50 Prozent weniger als zuvor – und zehn Jahre später noch immer 34 Prozent. Männer arbeiten nach der Geburt eines Kindes sogar ein bisschen mehr als zuvor. Das ist die wichtigste Erklärung für den Pay Gap.
Das sagt Henrik Kleven von der Universität Princeton, der führend zu „Child penalties“ forscht. Der Child penalty misst, wie viel Einkommen und Arbeitsstunden es eine Person kostet, wenn sie Vater oder Mutter wird. Für Väter ist die Pönale nichtexistent. Warum?
Argument 1: Nur Mütter können stillen und ein Baby zur Welt bringen – es ist die Biologie! Falsch. Das erklärt vielleicht Jahr 1, aber nicht Jahr 10. Es erklärt auch nicht die großen Unterschiede zwischen Ländern. Und Evidenz von Adoptiveltern widerspricht dem ebenso.
Argument 2: Fürs Familieneinkommen ist es besser, wenn einer Karriere macht – Arbeitsteilung! Das ist in vielen Fällen der Fall. Aber die Evidenz widerspricht, dass das entscheidend ist. Denn: Auch Frauen, die mehr verdienen könnten als ihre Partner, haben hohe Pönalen.
Argument 3: Die politischen Rahmenbedingungen sind entscheidend – Kinderbetreuung, Familiengeld etc. Hier darf Österreich herhalten um zu zeigen, dass das keine so große Rolle spielt. Karenzgeld und Kinderbetreuung wurden massiv ausgebaut = de facto keinen Effekt auf Pönale!
Argument 4: Es sind die sozialen Normen. Tradition. So macht man das. War schon immer so. Bingo! Dafür gibt es sehr gute und überzeugende Evidenz über viele Länder hinweg. Kleven hat natürliche Experimente untersucht. Nämlich …
… Migration: In manchen Teilen der USA ist die Kinderpönale viel höher als in anderen. Wer jetzt aus Utah oder Idaho (hohe Pönale) nach Rhode Island (niedrige Pönale) hat trotzdem weiter eine sehr hohe Pönale. Was nimmt die Person mit? Ihre Kultur. Einstellungen. Werte.
Das zeigt sich auch bei Migranten. Wer aus Mexiko, dem Nahen Osten oder Zentraleuropa (hohe Pönale) in die USA zieht nimmt die hohen Pönalen mit. In der ersten Generation arbeiten Mexikanerinnen trotzdem weiter sehr wenig und verdienen wenig, wenn sie ein Kind bekommen.
Wer aus einem Land mit niedriger Kinderpönale in die USA migriert – etwa aus China oder Skandinavien – nimmt auch diese niedrige Kinderpönale mit. Heißt: Eine Dänin verliert auch in den USA relativ zu ihrem Mann nicht so viel Einkommen – und eine Frau aus Mexiko eben schon.
Österreich ist was Familien und Gender Normen entspricht ein recht konservatives Land, wie etwa der Vergleich mit Dänemark zeigt.
Hier noch weitere europäische Länder.
In China gibt es nur drei Jahre nach der Geburt keinen negativen Effekt auf das Einkommen und Arbeitszeit der Frau relativ zum Mann.
Hier der Link zu den Studien: https://nber.org/reporter/2022number4/child-penalties-and-gender-inequality#return-5
Eine Datensammlung zu Child penalties rund um die Welt gibt es im „Child Penalty Atlas“: https://www.nber.org/papers/w31649